Newsletter - Gesundheitsdaten in Gefahr Newsletter - Gesundheitsdaten in Gefahr
Bündnis für Datenschutz und Schweigepflicht
50. Newsletter des BfDS

Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Mitstreiter und Interessierte,

wir hoffen, dass Sie trotz der Silvester-Knallerei einen friedlichen Jahresbeginn hatten und mit frischer Kraft ins neue Jahr gestartet sind.

Inzwischen gibt es die Telematik-Infrastruktur (TI) seit über 5 Jahren und die Bilanz fällt ernüchternd aus: Das Versichertenstammdatenmanagement (VSDM) und die „elektronische“ AU, die ersten Pflichtanwendungen, bringen den Praxen nur Zusatzaufwand, aber keinerlei Nutzen. Viele von Ihnen haben nachgefragt, wie es mit den Kolleginnen und Kollegen ohne TI weitergeht, die keine eAU ausstellen können. Die Honorarabzüge laufen weiter, solange kein VSDM durchgeführt wird. Für die eAU muss es dauerhaft eine Ersatzlösung geben, denn auch die TI kann ausfallen, wie sie in der Vergangenheit bereits eindrucksvoll beweisen hat. Solange es alte AU-Formulare gibt und die Arztsoftware den Druck (alternativ als Blanko-Formulardruck) weiterhin ermöglicht, sehen wir keine Probleme. Zusätzliche Sanktionen werden deshalb nicht verhängt. Allerdings muss die AU dann weiterhin an die Kasse geschickt werden und zum Arbeitgeber gelangen. Ab 1. Jan. 2023 müssen Arbeitgeber die eAU grundsätzlich elektronisch bei der Kasse abrufen. Wie sich Kassen und Arbeitgeber verhalten werden, wenn die eAU postalisch statt elektronisch kommt, können wir für die Zukunft leider nicht voraussagen.

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Das eRezept ist bislang ein Flop und die elektronische Patientakte (ePA) wird von den Patienten mit gutem Grund nicht nachgefragt – Beantragung zu kompliziert, Nutzen fraglich, Risiken für Patient und Arzt unkalkulierbar. Gesundheitsminister Karl Lauterbach und die rot-grüne Bundesregierung wollen jetzt nachhelfen und für jede/n gesetzlich Versicherte/n automatisch eine ePA anlegen. Wer das nicht will, muss explizit widersprechen (opt-out-Regelung). Die Daten sollen letztlich auch in einen europäischen Datenraum fließen. Es scheint dabei vorwiegend um Datensammlung und -verwertung zu gehen (sogenannte „Sekundärnutzung“). Auch die Pharmaindustrie fordert Zugriff auf die Daten. In einem Gesundheitsdatennutzungsgesetz soll festgelegt werden, wer auf die sensiblen Patientendaten zugreifen darf.

Bei der Organspende wurde die opt-out-Regelung von den Abgeordneten abgelehnt. Hoffen wir, dass die opt-out-Regelung für die ePA  ebenfalls auf den Prüfstand kommt. Allerdings stehen massive wirtschaftlich Interessen dahinter. Patienten können der Anlage einer ePA widersprechen. Und darüber sollten sie auch von uns informiert werden!

Bereits jetzt werden sämtliche Abrechnungs- und Diagnosedaten aus den Praxen an ein Forschungsdatenzentrum übermittelt (im Digitale Versorgung Gesetz geregelt), ohne dass die Betroffenen das verhindern können. Dagegen laufen bereits Klagen.

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Auf dem Kongress der Freien Ärzteschaft am 2.12.22 in Berlin hat Andreas Meißner vom BFDS vor einem breiten Publikum den mangelnden Nutzen und die Risiken der ePA und einer zentralen Datensammlung dargestellt.

https://freie-aerzteschaft.de/kongress-freier-aerzte-2022-videos/

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Terminerinnerung: Am Donnerstag, 26.1.2023, um 10.00 Uhr wird am Sozialgericht München (Richelstraße 11, Sitzungsaal IV, Zimmer 204, 2. Stock) die Musterklage des Augenarztes Gernot Petzold (Bayerischer Facharztverband) gegen die TI-Honorarabzüge verhandelt.

Je mehr Kolleginnen und Kollegen dabei sein können, desto besser. Die Anmeldefrist ist formal verstrichen. Bei Interesse an einer Teilnahme bitte schnellstmöglich Meldung an den BFAV, info@bfav.info, damit ggf. ein größerer Sitzungssaal eingefordert werden kann.

Wer danach noch mit zum Essen gehen will, möge sich gerne bei der Kollegin Hildegard Fischer (h-fischer@posteo.de) melden, zur besseren Planung.

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Wer tiefer in die Materie einsteigen möchte, kann dies gerne über die folgenden Links tun:

Die E-Patientenakte gleicht dem chinesischen Sozialkreditsystem, warnt ein Psychotherapeut. Es entstünden digitale Doppelgänger mit konstruierten Identitäten.

https://www.heise.de/news/Patientenakte-Toxische-elektronische-Zugriffe-auf-die-Identitaet-des-Menschen-7365640.html?seite=all

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Von der KBV gab es bereits kritische Anmerkungen  zur opt-out-Regelung bei der ePA.

https://www.kbv.de/html/1150_61183.php

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Pleiten, Pech und Pannen bei der Digitalisierung im Gesundheitswesen – eine Zusammenfassung

https://www.medical-tribune.de/meinung-und-dialog/artikel/gematik-wird-twix?tx_felogin_pi1%5Bforgot%5D=1&cHash=af392aa977ee1101b6a4c342593d89bb

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Die Industrie will Silos bei Gesundheitsdaten in der EU aufbrechen. Datenschützer und Ärzte warnen vor Risiken und Nebenwirkungen bei der Sekundärnutzung.

https://www.heise.de/news/EU-Gesundheitsdatenraum-Patientendaten-Freigabe-fuer-Sekundaernutzung-umkaempft-7361089.html

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Wird die Pharmaindustrie wie gefordert Zugriff auf die Gesundheitsdaten erhalten?

https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/139071/Gesundheitsdaten-Breiter-Zugriff-fuer-Pharmaindustrie-geplant

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Die Digitalisierung im Gesundheitswesen müsse "zügig und umfassend" vorangetrieben werden, um Patientendaten besser zu verwerten, fordern die Länder.

https://www.heise.de/news/Patientenakte-Bundesrat-macht-Druck-beim-Gesundheitsdatennutzungsgesetz-7397637.html

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Die obersten Datenschützer Deutschlands unterstützen die Nutzung von Patientendaten zu Forschungszwecken, sehen aber die Rechte der Patienten im Vordergrund.

https://www.heise.de/news/Datenschutzkonferenz-Verarbeitung-von-Patientendaten-muss-Grundrechte-einhalten-7352089.html

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Der angeblich so notwendige Konnektoraustausch ist auch durch ein Software-Update zu erledigen, wie der CCC nachwies. Aufgrund des Verdachts der zweckwidrigen Verwendung von Versichertengeldern haben sieben Zahnärzteverbände eine Anzeige bei der Antikorruptionsstelle erstattet.

https://www.heise.de/news/Korruptionsverdacht-beim-Konnektortausch-Aerzte-erstatten-Anzeige-7396953.html

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Das BSI hat bestätigt, dass mit den Kryptofähigkeiten der SmartCards in den TI-Konnektoren ein Weiterbetrieb über 2025 hinaus möglich sei.​​​​​​​ Die Firma CGM (Marktführer bei Arztsoftware) sieht den Konnektortausch allerdings trotzdem als alternativlos.

https://www.heise.de/news/BSI-Laufzeitverlaengerung-der-TI-Konnektoren-wohl-auch-ueber-2025-hinaus-moeglich-7341736.html

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Das BGM kann die Notwendigkeit des Konnektoraustauschs nicht beurteilen – peinlich!

https://netzpolitik.org/2022/gesundheitsministerium-ratlos-braucht-es-den-millionen-deal-auf-kosten-von-versicherten/

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Abschließend ein bemerkenswertes Zitat von Melanie Wendling, aktuell Geschäftsführerin des Bundesverbands Gesundheits-IT (bvitg) und frühere Mitarbeiterin der ehemaligen Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt, zur TI/Digitalisierung im Gesundheitswesen:

„Ein Haus, das auf einem schlechten Fundament steht, wird nicht sicherer, wenn man das Dach auswechselt. Da bin ich manchmal der Meinung, es wäre besser, das Ganze neu aufzusetzen, anstatt immer wieder ein bisschen zu reparieren und zu hoffen, dass es am Ende doch noch funktioniert.“

 

In diesem Sinne:

Eure/Ihre K. v. Mücke für das BfDS

 

Dr. med. Karen v. Mücke

Internistin, Diabetologin

Entenbachstraße 10

81541 München

Tel: 089-653598

 

Es ist wichtig, dass möglichst viele TI-KritikerInnen in den Medien erscheinen und nicht immer die gleichen Leute. Schreiben Sie Leserbriefe, regen Sie Themen an, versuchen Sie  Kontakte zur Presse und zu Ihren regionalen Abgeordneten herzustellen, um sie für das Thema TI/ePA zu sensibilisieren. Und nicht zuletzt – teilen Sie unseren Newsletter – gerne auch mit KollegInnen, die an der TI angeschlossen sind und vielleicht genervt sind oder zweifeln. Es gibt auch ein Leben ohne Konnektor.

Wir haben eine Signal-Messenger-Gruppe für TI-KritikerInnen zur Information, Ideensammlung und Planung von Projekten gegründet, außerdem eine zweite Signal-Gruppe zum allgemeinen Austausch („Stammtisch“). Wenn Sie am einen und/oder anderen Interesse haben, also mitzulesen, sich mit Gleichgesinnten auszutauschen oder sich aktiv einzubringen, schreiben Sie bitte eine kurze Mail mit Ihrem Namen und Ihrem Bezug zum Datenschutz an signal@gesundheitsdaten-in-gefahr.de.

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